21Shares Monatsrückblick - Juni 2022, Survival of the Fittest

21Shares Monatsrückblick - Juni 2022, Survival of the Fittest

Jul 2, 2022
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Diesen Monat in Crypto: Executive Summary

Die gesamte Marktkapitalisierung der Kryptowährungen liegt aktuell bei 895 Milliarden US-Dollar. Das bedeutet einen Rückgang von 35 Prozent seit dem Vormonat Mai, als der Gesamtmarkt noch bei 1,38 Billionen Dollar lag. Die Bewertung von Bitcoin brach um fast 40 Prozent ein, damit war der Juni 2022 der zweitschlechteste Monat aller Zeiten. Ethereum verzeichnete einen Rückgang von 48 Prozent. Die “Gewinner” der Juni-Rallye sind Cardano und XRP, die seit Mai um 22 bzw. 25 Prozent gefallen waren. Mit der Ausweitung des Krieges zwischen Russland und der Ukraine werden Rohstoffe knapper und die Kaufkraft schwindet. All dies deutet zusammen mit der globalen Nahrungsmittelkrise auf eine neue Ära hin. Eine drohende Rezession könnte in der Folge zur Realität werden - mit Auswirkungen auf den Aktienmarkt. Der S&P 500 und der Eurostoxx 600 notierten ihr schlechtestes erstes Halbjahr seit 1970 bzw. 2008. Zu den Faktoren, die den Markt von innen heraus bestimmen, gehört eine geradezu "ansteckende" Liquiditätskrise, von der verschiedene Unternehmen und Fonds nach dem Zusammenbruch von Terra/Luna betroffen sind. Größere Kryptounternehmen wie FTX springen in dieser Situation entweder als Käufer der letzten Instanz ein oder steigen in einigen Fällen sogar aus.

Die Kryptoindustrie befindet sich jedoch ohne Zweifel im Aufbaumodus, was auch in den vergangenen Bärenmärkten immer der Fall war. Dieses Mal profitiert die Branche jedoch von der institutionellen Anerkennung und Unterstützung. On-Chain-Daten deuten darauf hin, dass Investoren die sich durch den Marktrückgang bietende Gelegenheit nutzen. So hat beispielsweise Microstrategy Gründer und CEO Michael Saylor im vergangenen Monat Bitcoin im Wert von 10 Millionen Dollar gekauft.

Abbildung 1: Bitcoin Monats-Performance

Quelle: TradingView

Key takeaways

  • Grayscale verklagt die SEC
  • CEO und CFO von Compass Mining treten inmitten von Liquiditätsproblemen zurück
  • FTX kauft BlockFi und steigt bei Celsius aus
  • KPMG richtet ein Kollaborationszentrum im Metaverse ein
  • Fünfter Ausfall von Solana in diesem Jahr, zwei Unternehmen springen ein

Makro, Regulierung; Spot- und Derivatemärkte

Laut US-Präsident Joe Biden ist für die sich anbahnende Finanzkrise die Tatsache verantwortlich, dass neun in ausländischem Besitz befindliche Schifffahrtsunternehmen seit der Pandemie die Preise erhöht haben und ihre Gewinne im Vergleich zum Vorjahr versiebenfacht haben. Am 15. Juni erhöhte die Federal Reserve die Zinssätze um 75 Basispunkte, die größte Zinserhöhung seit 28 Jahren. Einen Tag später unterzeichnete Biden den "Ocean Shipping Reform Act of 2022", um die Gebühren der Branche zu senken. Auch wenn diese Maßnahme hauptsächlich darauf abzielt, die Inflation zumindest geringfügig zu senken, so ist sie doch ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Krise in der Lieferkette gerade erst begonnen hat.

  • Elon Musk und seine beiden Unternehmen SpaceX und Tesla werden wegen eines angeblichen Betrugsfalles nach dem Ponzi-Schema (eine Art Schneeballsystem) verklagt, der zum Ziel hatte, 258 Milliarden Dollar in der Kryptowährung Dogecoin zu erbeuten. Kläger ist ein Dogecoin-Investor, der im Southern District of New York eine Sammelklage gegen Musk und seine Unternehmen auf mindestens 86 Milliarden Dollar Schadensersatz anstrebt.
  • Die Krypto-Handelsplattform Binance wurde von den Aufsichtsbehörden unter die Lupe genommen, da Berichte aufgedeckt haben, dass Binance in den letzten fünf Jahren mindestens 2,35 Milliarden Dollar gewaschen haben soll. Der CEO des Unternehmens veröffentlichte in der Folge jedoch einen Transparenzbericht, um diese Behauptungen zu widerlegen. Die SEC untersucht angeblich zudem den Binance-eigenen Token BNB wegen möglicher Verstöße gegen Wertpapiervorschriften.
  • Texas, Alabama und New Jersey untersuchen die Entscheidung von Celsius Network, Kundenabhebungen zu stoppen, was auf die Insolvenz des Lending-Protokolls hindeutet.
  • Der Kryptofonds Grayscale verklagt die SEC, nachdem dessen Antrag auf Umwandlung des Flaggschiffprodukts Grayscale Bitcoin Trust in einen ETF abgelehnt wurde.

Im derzeitigen „Risk-off“-Umfeld liegen allerdings auch einige Vorteile. So sind zwischen 2021 und dem ersten Quartal 2022 illegale Krypto-Aktivitäten von 0,6 auf 0,1 Prozent gesunken. Zu diesem Ergebnis kamen Daten, die ein von Mastercard unterstütztes Blockchain-Forensik-Unternehmen gesammelt hat. Das Blockchain-Analyse Unternehmen CipherTrace schätzt, dass die illegalen Aktivitäten im Jahr 2020 zwischen 0,62 und 0,65 Prozent der gesamten Krypto-Aktivitäten lagen und im Jahr 2021 auf ein Niveau von 0,10 bis 0,15 Prozent der Gesamtaktivitäten gefallen sind.

Im Hinblick auf die Einführung von Kryptoassets erhielt der Handelsplatz Crypto.com eine vorläufige Genehmigung seiner Virtual Asset MVP-Lizenz der „Virtual Assets Regulatory Authority“ (VARA) in Dubai. Das gibt der Kryptobörse aus Singapur die Möglichkeit, in der Region zu expandieren.

  • Japan verabschiedete ein Gesetz, das Stablecoin-Emittenten auf lizenzierte Banken, registrierte Geldtransferagenten und Treuhandgesellschaften beschränkt.
  • Eine nigerianische Blockchain-Lobbygruppe, die aus dem Büro des Präsidenten heraus ins Leben gerufen wurde, führt einen Verhaltenskodex für Virtual Asset Service Providers (VASPs) ein – mit dem Ziel, Nigeria zum sichersten und größten Blockchain-Raum der Welt mit den meisten Blockchain-Lösungen, Investitionen und der größten Akzeptanz zu machen.
  • Die Verhandlungsführer des EU-Parlaments und des Rates haben eine vorläufige Einigung über einen neuen Gesetzentwurf erzielt, der sicherstellen soll, dass Krypto-Transfers stets zurückverfolgt und verdächtige Transaktionen blockiert werden können. Die Regeln gelten jedoch nicht für Peer-to-Peer-Transaktionen.

Technische und On-chain Indikatoren

Angesichts des aktuellen Umfelds hat das Team von 21Shares eine einfache Analyse zur Visualisierung der Volatilität anhand eines Shewhart-Charts erstellt, bei dem das sogenannte 3-Sigma-Maß, eine statistische Berechnung zur Festlegung von oberen und unteren Kontrollgrenzen für die täglichen prozentualen Kursänderungen verwendet wird.

Marktteilnehmer versuchen oftmals, den täglichen Kursbewegungen einen Sinn zu geben, indem sie diese mit bestimmten Erzählungen verknüpfen, ohne zu erkennen, dass sich der Vermögenswert gemäß seinem Volatilitätsprofil schlicht normal verhält. Indem wir untere und obere Kontrollgrenzen festlegen, können wir "besondere Ursachen" von einem bloßem Rauschen unterscheiden. Seit 2020 gab es 12 tägliche Bewegungen über 3-Sigma - oder drei Standardabweichungen vom Mittelwert; fünf davon nach oben und sieben nach unten. Darüber hinaus liegen die aktuelle untere und obere Kontrollgrenze bei -16 und 13 Prozent, was darauf hindeutet, dass eine tägliche BTC-Bewegung innerhalb dieses Bereichs keine Überraschung sein sollte.

Abbildung 2: BTC Shewhart Chart - MA 30 Implizite Volatilität

Quelle: 21Shares

Da die Energiepreise aufgrund des russisch-ukrainischen Konflikts in die Höhe schießen und Bitcoin für Miner weniger profitabel wird, wäre der Verkauf von Beständen eine bessere Option als die Schließung der Mining-Einrichtungen. Daten des Bitcoin-Mining-Dienstleisters Compass Mining zeigen, dass die Bitcoin-Bestände der Miner auf dem freien Markt verkauft werden und sogar ein Allzeithoch erreicht haben. Trotz des Einbruchs in der Bewertung ist es wichtig zu erwähnen, dass die aktuellen täglichen Einnahmen der Miner mit 20 Millionen Dollar wieder auf dem Niveau des letzten Bärenmarktes liegen. Der heutige Preis für Bitcoin ist jedoch doppelt so hoch wie der damalige Preis von 10.000 Dollar. Infolgedessen ist mit einer massiven Kapitulation der Miner zu erwarten, wenn der Bitcoin-Preis auf 10.000 Dollar fällt.

Abbildung 3: Bitcoin-Miner verkaufen ihre Bestände

Quelle: Compass Mining

Es ist zudem erwähnenswert, dass sowohl der CEO als auch der CFO von Compass Mining am 28. Juni zurückgetreten sind, nachdem die Hosting-Firma des Unternehmens, Dynamics Mining, ihren Vertrag aufgrund von angeblich überfälligen Rechnungen in Höhe von mehr als 600.000 US-Dollar kündigte.

Abbildung 4: Produktionskosten von Bitcoin

Quelle: TradingView

Wie in Abbildung 4 dargestellt, bewegen sich die Kosten für die Produktion von 1 BTC zwischen 20.000 und 34.000 US-Dollar. Der Preis muss also über 20.000 US-Dollar liegen, damit neue Miner und solche mit schwachen Cash-Management-Praktiken zahlungsfähig bleiben und ihren Betrieb ohne jährliche Verluste aufrechterhalten können.

Die steigende Inflation und die mögliche Insolvenz einiger Unternehmen ließen Bitcoin kurzzeitig unter 18.000 Dollar und Ethereum unter 900 Dollar fallen. Der Sprung zurück über die 20K- bzw. 1.000-Marke hat das Vertrauen in den Markt gestärkt, wobei Tausende von Wallets im vergangenen Monat höchstwahrscheinlich "den Dip" genutzt und gekauft haben.

Abbildung 4: Die Zunahme von Wallet-Adressen mit 1 BTC oder mehr

Quelle: 21Shares, Glassnode

Wie in der folgenden Abbildung 5 dargestellt, deutet das Verhältnis von Marktwert zu realisiertem Wert (MVRV) darauf hin, dass Bitcoin zwar immer noch Kursverluste erleiden kann, dass aber aus der Perspektive der Bewertung das Schlimmste überstanden ist. In den letzten vier Jahren lag das MVRV-Verhältnis von Bitcoin über 1, mit Ausnahme des März 2020, als das MVRV-Verhältnis sieben Tage lang bei 0,85 lag und daneben auch im Zeitraum zwischen 2018 und 2019, als das MVRV-Verhältnis 133 Tage lang bei 0,69 lag. Wie dargestellt, liegt das aktuelle MVRV bei 0,97.

Abbildung 5: Bitcoin MVRV Ratio

Source: 21Shares, Glassnode

DeFi

Der Preisverfall, der sich im Mai noch einmal verschärfte, hatte einen Dominoeffekt auf Kryptobörsen und die DeFi-Plattform BlockFi, die fast 80 Prozent ihrer Bewertung verlor. Am 21. Juni gab der CEO von BlockFi Zac Prince auf Twitter bekannt, dass sein Unternehmen ein Term-Sheet mit der Kryptobörse FTX unterzeichnet hat, um eine revolvierende Kreditlinie in Höhe von 250 Mio. USD zu sichern, um Zugang zu Kapital zu erhalten, das die Bilanz und die Stärke der Krypto-Kreditgeber weiter stabilisiert. Den Erlösen der Kreditfazilität soll per Vertrag Nachrangigkeit zu allen Kundenguthaben über alle Kontotypen (BIA, BPY und Kreditsicherheiten) hinweg eingeräumt werden und sie sollen nach Bedarf verwendet werden. Am 30. Juni wurde bekannt, dass das Geschäft besiegelt ist. Am 1. Juli verkündete Prince, dass die Vereinbarung geändert wurde, um eine revolvierende Kreditfazilität in Höhe von 400 Millionen US-Dollar zu sichern, die gegenüber allen Kundengeldern nachrangig ist. Die Vereinbarung beinhaltet auch die optionale Übernahme von BlockFi durch FTX zu einem variablen Preis von bis zu 240 Mio US-Dollar, der von der Performance abhängt.

  • Auch die Krypto-Lending-Plattform Celsius musste einen herben Rückschlag hinnehmen: Angeblich klafft ein Loch von zwei Milliarden US-Dollar in der Bilanz der Kreditplattform. Anfang Juni fror das Unternehmen Abhebungen und Überweisungen unter Berufung auf "extreme" Marktbedingungen ein, so dass die 1,7 Millionen Kunden ihre Guthaben nicht mehr einlösen konnten. FTX hatte bereits ein Auge auf Celsius geworfen, entschied sich aber nach Prüfung der Finanzunterlagen des Unternehmens gegen eine Übernahme und zog sich zurück.
  • In Anbetracht des Marktabschwungs tendieren die Anleger mehr zu vollständig besicherten und durch Fiat-Guthaben gedeckten Stablecoins, insbesondere nach dem Zusammenbruch von UST, dem algorithmischen Stablecoin von Terra. Die führenden Stablecoin-Emittenten Circle und Tether bauen ihr Angebot weiter aus, um Marktanteile zu gewinnen. Für ihre bestehenden, an den Dollar gekoppelten Stablecoins ist eine Erweiterung geplant - USDT auf Tezos und USDC auf Polygon. Tether wird einen neuen Stablecoin GBPT einführen, der an das britische Pfund Sterling gekoppelt ist. Auf der anderen Seite hat Circle ebenfalls einen neuen, in Euro-besicherten Stablecoin EUROC, eingeführt, um mit dem EURt von Tether zu konkurrieren. Nachdem die Reserven von Tether das Hauptanliegen der USDT-Kritiker waren, hat das Unternehmen kürzlich angekündigt, dass die unabhängige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft MHA ihre Reserven prüfen wird, um die Transparenz zu erhöhen. Darüber hinaus kündigte Tether an, den Betrag der Commercial Papers, mit denen USDT unterlegt ist, bis Ende Juni von 20 Milliarden auf 8,4 Milliarden US-Dollar und schließlich auf Null zu reduzieren.

Abbildung 6: Umlaufendes Angebot an USDT vs USDC

Quelle: 21Shares, Glassnode

All die positiven Ankündigungen von Tether können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Dominanz von USDT gegenüber USDC weiter abnimmt. Vor einem Jahr betrug die Differenz zwischen den beiden Stablecoins beim zirkulierenden Angebot 37 Milliarden. Mit Stand vom 23. Juni ist sie nunmehr auf nur noch 11 Milliarden geschrumpft. In puncto Volumen hat USDC auf Ethereum den USDT sogar überholt. Angesichts des schwächer werdenden Signals von USDT im Vergleich zu USDC könnte es sein, dass USDC an USDT vollends vorbeizieht und in Zukunft zum größten Stablecoin aufsteigt. Neben der Bedrohung durch USDC hat auch die Einführung von USDD, der algorithmischen Stablecoin des dezentralen, blockchain-basierten Betriebssystems (DAO) Tron, den Marktanteil von USDT geschluckt. USDD hat sich jedoch leicht von der 1-Dollar-Marke entfernt. Außerdem erhielt die Tron DAO 500 Millionen USDC, um ihren algorithmischen Stablecoin USDD zu stützen, der seit dem 13. Juni seine Bindung an den Dollar zu verlieren begann. Ein weiterer algorithmischer Stablecoin, MIM, verlor während des Marktabschwungs ebenfalls an Boden. Zunächst bei 0,935 Dollar gehandelt, wurde die Bindung dieses Stablecoins an den Dollar jedoch kurz darauf wiederhergestellt.

  • Das Ethereum Netzwerkupgrade Gray Glacier ging am 30. Juni mit Block 15.050.000 in Betrieb, um die Parameter der „Difficulty Bomb“, eine vordefinierte Erhöhung der Komplexität des Proof-of-Work-Mining-Algorithmus, zu ändern und das Ereignis somit um 700.000 Blöcke oder etwa 100 Tage zu verschieben.
  • ​​Die größte Plattform für Liquid Staking, Lido, ist ein integraler Bestandteil des Ethereum-Ökosystems, da sie fast 32 Prozent der gesamten eingesetzten ETH in der Beacon Chain (ETH2) und zehn Prozent des Gesamtwerts auf dem DeFi-Markt von Ethereum ausmacht. Obwohl der Erfolg von Lido der Ethereum Blockchain zu einem schnellen Wachstum verholfen hat, stellt er gleichzeitig ein Zentralisierungsrisiko für Ethereum dar. Daher hat die Lido-Community vorgeschlagen, eine duale Governance einzuführen, bei der sowohl der liquide ETH-Token des DeFi-Protokolls stETH als auch sein Governance-Token LDO für den neuen Mechanismus verwendet wird. Der neue Vorschlag wird es stETH-Inhabern ermöglichen, ein Veto gegen Vorschläge einzulegen, die nicht im Sinne der Ethereum-Staker sind, aber von LDO-Inhabern gebilligt werden.
  • Es kam einer Premiere im DeFi-System gleich, als ein auf der Solana-Blockchain aufgebautes Lending-Protokoll namens Solend versuchte, die Kontrolle über das Konto eines Großinvestors, eines sogenannten "Wals", zu erlangen, der das Protokoll angeblich gefährdete. Solend verabschiedete einen Vorschlag, der dem Protokoll Notfallbefugnisse einräumte, um das Konto des Wals zu übernehmen, das 5,7 Millionen SOL-Token bei Solend eingezahlt hatte – mehr als 95 Prozent der Einlagen. Im Gegenzug lieh sich das Konto 108 Millionen USDC und ETH. Die Maßnahme hätte es Solend ermöglicht, die Vermögenswerte des Wals nicht über Börsen, sondern über sogenannte "Over-the-Counter" (OTC)-Transaktionen (direkt zwischen zwei Parteien) zu liquidieren, um eine mögliche Liquidationskaskade zu vermeiden. Nach einer Gegenreaktion auf Twitter, welche die Dezentralisierung von Solend in Frage stellte, ging das Kreditprotokoll auf seine Nutzer zu und bat diese, über einen neuen Vorschlag abzustimmen und damit die frühere Abstimmung zu kippen. 99,8 Prozent stimmten mit Ja, was als ein weiterer Beweis für die vielen Vorteile der Dezentralisierung zu betrachten ist. Im traditionellen Finanzwesen wäre ein solche Machtdemonstration, ja schon der leiseste Versuch einer solchen, undenkbar.

NFTs, DAOs und das Metaverse

  • ​​Das Beratungsunternehmen Mckinsey&Company prognostiziert, dass das Metaverse bis 2030 ein Volumen von fünf Billionen Dollar erreichen könnte. Im Juni haben einige der größten Namen der Mode- und Unterhaltungsbranche die Einführung von NFTs unaufhörlich vorangetrieben. Der erste Schritt dazu verkörpert die jüngste Initiative von Prada. Der Modekonzern verkündete, eine NFT-Kollektion auf den Markt zu bringen, die den Käufern seiner Timecapsule-Kollektion kostenlos zur Verfügung steht. In ähnlicher Weise hat Warner Bros. seinen neuesten Vorstoß in die NFT-Industrie mit der Tokenisierung der Looney Tunes-Story in Form einer zehntausend Stück umfassenden NFT-Kollektion der Filmfigur Tweety bekannt gegeben. Besitzer dieser NFTs können sich auf eine Reihe exklusiver Vergünstigungen freuen, wie beispielsweise virtuelle Treffen und Willkommensfeste, Sonderangebote für physische Sammlungen und mehr.
  • Die Kontroversen um das NFT-Projekt „Bored Ape Yacht Club“ gingen Anfang Juni weiter, als dessen Discord-Server zum dritten Mal innerhalb von zwei Monaten gehackt wurde, was zum Verlust von 200 ETH führte.
  • Auch das auf Solana basierende Gaming-Projekt StepN, das den Spiele-Boom in diesem Netzwerk antrieb, wurde zu Beginn der Woche Opfer eines Cyberangriffs, als es von einem DDOS-Angriff heimgesucht wurde, nachdem ein neues Anti-Betrugssystem namens SMAC (STEPN's Model for Anti-Cheating) eingeführt worden war. Das Upgrade basiert auf einem Machine-Learning (ML-) Algorithmus. Es soll Fake-Benutzer eliminieren und verhindern, dass betrügerische Bewegungsdaten das System manipulieren, indem sie echte Geh-/Laufdaten verändern.

Im letzten Monat haben wir gesehen, dass große Marken ihr Geld auf das neue Metaverse gesetzt haben. Gucci hat den Token RARE im Wert von 25.000 Dollar in die DAO (Dezentrale Autonome Organisation) SuperRare investiert, um den "Vault Art Space" des Modekonzerns zu eröffnen. Dabei handelt es sich um eine Ausstellung, die eine Auswahl von NFT-Kunstwerken von 29 Künstlern zeigen wird. Weitere Entwicklungen und Investitionen im Metaverse im letzten Monat:

  • Das DAO Merit Circle hat den Seed-Fonds von YGG mit 1,75 Millionen US-Dollar aufgekauft.
  • Der NFT-Marktplatz Opensea migriert zum Seaport-Protokoll, was die Gaskosten (Transaktionsgebühren) um 35 Prozent senken kann.
  • Das Kryptowährungsprojekt IOTA kündigte die Gründung einer DAO an. Die Kasse der Community beinhaltet etwa 18,5 Millionen US-Dollar.
  • Der NFT-Marktplatz Magic Eden von Solana hat 130 Millionen US-Dollar bei einer Bewertung von 1,6 Milliarden Dollar eingenommen.
  • Die dezentrale Börse Uniswap Labs übernahm den NFT-Marktplatz-Aggregator Genie.
  • Die Handelsplattform eBay erwarb den NFT-Marktplatz KnownOrigin.

KPMG, eines der vier größten Wirtschaftsprüfungsunternehmen weltweit, startet ein Kollaborationszentrum im Metaverse, um seine Kunden bei der Entwicklung von Strategien in diesem Bereich zu unterstützen. Im Rahmen eines neuen Trends, der als "tokengated" Commerce bezeichnet wird, hofft die E-Commerce-Plattform Shopify auf eine stärkere Kundenbindung, indem sie Händlern die Möglichkeit gibt, NFTs mit einem zusätzlichen Mehrwert zu versehen.

  • Der Kosmetikkonzern YSL Beauty wird Social Token und NFTs einführen.
  • Der Schweizer Luxusuhrenhersteller TAG Heuer führte eine NFT-fähige Smartwatch ein.
  • Das Modeunternehmen Lacoste wird eine eigene NFT-Kollektion auf den Markt bringen.
  • Der amerikanische Rapper Pharrell Williams wurde zum Chief Brand Officer der NFT-Kollektion Doodles ernannt, die zudem die Einführung einer neuen Edition vorbereitet.
  • Fussballstar Cristiano Ronaldo und die Krypto-Handelsplattform Binance sind eine NFT-Partnerschaft eingegangen.
  • Die beiden US-amerikanischen Musiker Eminem und Snoop Dogg haben als „Bored Apes“ ein Musikvideo im Stil des Bored Ape Yacht Clubs gedreht.
  • Der Luxusauto-Hersteller Bentley Motors kündigte die Einführung einer NFT-Kollektion im Polygon-Netzwerk an.

Crypto Infrastruktur

Die dezentrale Computing Plattform Solana hatte im Juni bereits den fünften Ausfall in diesem Jahr zu beklagen. Diesmal wurde der Netzwerkausfall durch die Verarbeitung von Offline-Transaktionen ausgelöst, die als dauerhafte Transaktions-Nonces („Used only one“, ein Einmalcode) bezeichnet werden. Eines dieser Nonces wurde fälschlicherweise wie eine normale Transaktion verarbeitet, was den Benutzer dazu veranlasste, es erneut einzureichen und so das Problem der doppelten Ausgaben im Netzwerk auszulösen, als die Validatoren aufgrund des Laufzeitfehlers keinen Konsens erzielen konnten. Daher haben die Entwickler die Funktion komplett deaktiviert, um zukünftige Probleme dieser Art zu vermeiden.

Abbildung 7: Reaktionen der Marktkapitalisierung auf Entwicklungen in der Branche

Als Reaktion darauf sank die gesamte Krypto-Marktkapitalisierung um sechs Prozent, zwei Unternehmen schritten ein:

  • Der Infrastrukturanbieter Alchemy kündigte einen Tag nach dem Netzwerkstopp an, dass er seine Unterstützung für das angeschlagene Netzwerk erweitern wird. Die Integration sollte Solana den dringend benötigten Schub in Bezug auf die Zuverlässigkeit des Netzwerks geben, wie die überlegene Skalierbarkeit zweier gewichtiger dApps – Aave und Opensea – zeigt, die beide von der Lösung abhängig sind.
  • Das Oracle-Netzwerk Chainlink stellte seine Integration in das Solana-Ökosystem vor und ermöglicht es Protokollen, einen der sieben Preisfeeds zu nutzen, die das Protokoll über das Netzwerk zur Verfügung stellt.
  • Die Entwicklungen im Bereich der vertikalen Infrastruktur blieben nicht stehen. Das bewies das BNB-Netzwerk, als es seine neueste technische Roadmap vorstellte, die Verbesserungen an mehreren Fronten vorsieht. Das Upgrade umfasst die Förderung der Kapazität für den Start von Sidechains, um NFT-basierte dApps zu hosten, die Erhöhung der Gesamtzahl der Validatoren von 21 auf 41 und die Erhöhung der Blockgas-Kapazität auf 200 Millionen, um der erhöhten Nachfrage im Netzwerk gerecht zu werden.
  • Zcash, auf Privatsphäre fokussierte Blockchain, erhielt ihr bedeutendstes Update seit zwei Jahren. Das mit dem Namen NU5 getaufte Upgrade sollte wichtige Funktionen wie das Orchard Shielded Payment Protocol einführen, um die Abhängigkeit von komplexen Einrichtungszeremonien zu beseitigen und es dank des neuen Formats der „Unified Addresses“ einfacher machen, private Transaktionen auf Mobiltelefonen durchzuführen.
  • Sogenannte Rollups sind Lösungen auf der Blockchain, die Transaktionen „aufrollen“ und in einen einzigen Block packen. Das verhindert Engpässe bei der Abwicklung und macht sie schneller und billiger. So hat die zentral organisierte Kryptobörse und ihr gleichnamiger Token dYdX, das größte und erfolgreichste Rollup Projekt auf Basis der Ethereum Blockchain, entschieden, seine eigene Layer1-Blockchain mit dem Cosmos Software Development Kit (SDK) zu bauen und sich dabei möglicherweise dem Cosmos Hub anzuschließen. Als Gründe für den Ausstieg bei Ethereum wurden die Schwierigkeiten bei der Dezentralisierung des Rollup-Sequencers - der Teil eines Rollups, der Transaktionen für die Einreichung beim L1 sammelt und bündelt - und allgemeine Skalierungsprobleme genannt. Dies bedeutet einen schweren Schlag für das Ethereum-Ökosystem und wirft die Frage auf, ob das Rollup-Ökosystem dieser Chain reif für die erste Phase ist.

Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass 50 Prozent des Tokens von Insidern und dem Team gehalten werden und der Wechsel zu ihrer eigenen L1 im Wesentlichen die Gebühren, die dYdX an Ethereum zahlte, auf das Team überträgt; diese Übertragung wird als Hauptmotivation für den Wechsel bezeichnet.

Abbildung 8: Relativer unrealisierter Gewinn bei Ethereum

Quelle: 21Shares, Glassnode

In der Zwischenzeit ist der Ethereum Relative Unrealized Profit, der die durchschnittliche Gewinnposition aller Adressen auf der Kette schätzt, stark zurückgegangen und hat ein Niveau erreicht, das zuletzt im Jahr 2020 gesehen wurde.

Die Layer1 BNB Beacon Chain kündigte an, dass es zu Open-Source übergehen wird, so dass Entwickler auf ihr aufbauen können. Das Netzwerk wird zudem sein Validator-Set öffnen und lädt externe Parteien ein, Validatoren zu werden und damit eine wichtige Rolle in der Governance zu spielen. Nutzer, die als Delegatoren einen Beitrag leisten möchten, haben ebenfalls die Möglichkeit, sich durch Einsätze zu beteiligen. Im Zuge der Einführung der BNB Beacon Chain werden verschiedene Komponenten überprüft, um Möglichkeiten für weitere potenzielle Validierer und Delegatoren zu finden, die einen Beitrag leisten und eine aktive Rolle spielen können.

Für das Layer 2 Projekt zkSync wird es ein großes Update der Version 2 auf dem Testnet geben, das "zukunftsweisende strukturelle Änderungen enthält, die eine Neuentwicklung erforderlich machen." Immutable X, ebenfalls eine Layer-2 Lösung, bringt eine Arch Version 1.0 auf den Markt. Es handelt sich um ein NFT-Brückenprotokoll zwischen der Layer1 Ethereum und der Layer2 StarkNet. Immutable legt außerdem einen 500-Millionen-Dollar-Fonds auf, um die Einführung von Web-3-Spielen und -Projekten zu beschleunigen.

Nach einer Liquidation von 400 Millionen US-Dollar durch hochrangige Kreditgeber für den Prop-Fonds Three Arrows Capital (3AC) werden Spekulationen laut, dass 3AC der nächste Fonds sein könnte, der mit Insolvenzproblemen konfrontiert wird, da er die Nachschussforderungen für BlockFi nicht erfüllt. Mit BlockFi und Deribit im Portfolio hat 3AC Rechts- und Finanzberater engagiert, um seine Position gegenüber Kreditgebern und anderen Parteien wiederherzustellen. Ein Gericht auf den Britischen Jungferninseln ordnete jedoch die Liquidation von 3AC an.

Moonbeam, ein wichtiges Ziel für Multi-Chain-Anwendungen auf Polkadot, hat Chainlink Price Feeds in seine Smart-Contract-Plattform integriert. Die Verfügbarkeit der Preisfeeds von Chainlink ermöglicht es Entwicklern, zuverlässig aggregierte Preisinformationen von vielen Börsen zu beziehen und so die Preisgenauigkeit zu gewährleisten. Aufgrund der Integration können Entwickler noch anspruchsvollere dApps erstellen, die auf dem Moonbeam-Netzwerk gestartet werden können.

Unsere Einschätzung

Gary Gensler von der SEC setzt sich für ein Regelwerk für Kryptobörsen ein, das der SEC im Wesentlichen mehr Zuständigkeit für die Branche einräumt. Die Mechanik dieses Regelwerks sieht vor, dass die Notierung eines Tokens, der einen Rohstoff darstellt, auf einer von der SEC beaufsichtigten Plattform eine Benachrichtigung der für Rohstoffe zuständigen CFTC (Commodities Futures Trading Commission, unabhängige US-Behörde für den Handel mit Futures und Optionen auf Rohstoffe) zur Folge hat.

Seit der Ernennung Genslers vermeidet es der US-Kongress, der SEC alle Fäden in die Hand zu geben. Nun exisitiert ein Gesetzentwurf, der die Lobbyarbeit des SEC-Mannes in gewisser Weise in Frage stellt und die Aufsicht der CFTC über die Branche ausweitet. Die US-Senatorin Cynthia Lummis hat den dazugehörigen Gesetzentwurf auf Github veröffentlicht, damit die Öffentlichkeit dazu Stellung nehmen kann. Der sogenannte „Lummis-Gillibrand Responsible Financial Innovation Act“ muss noch vom Senat und vom Repräsentantenhaus verabschiedet werden, bevor er an den Präsidenten weitergeleitet und in Kraft gesetzt werden kann.

An der Regulierungsfront in der EU erzielten die Institutionen nach jahrelangen Konsultationen und Verhandlungen eine Einigung über das Gesetz über Märkte für Kryptoanlagen (MiCA), das Ende 2023 in Kraft treten soll. Das Gesetz wird den ersten einheitlichen Regulierungsrahmen für Krypto-Assets in Europa darstellen. Es hat den Auftrag, die Verbraucher zu schützen und Marktmanipulation und Finanzkriminalität zu bekämpfen. Der Silberstreif am Horizont ist, dass es kein Verbot des Bitcoin-Minings geben wird, sondern die Offenlegung des Energieverbrauchs verlangt wird.

Der DeFi-Sektor wird auf eine harte Probe gestellt. Wir können davon ausgehen, dass mehr Unternehmen FTX folgen und ähnliche Schritte ergreifen. Vor allem aber gehen wir davon aus, dass die überlebenden Projekte ihre Segel für den nächsten Bärenmarkt setzen. Ein Fahrplan sowie Einstellungs- und Ausgabenstrategien, die auf ein risikoarmes Umfeld zugeschnitten sind, würden aufstrebende Unternehmen vor extremen Marktbedingungen schützen und gleichzeitig Investoren anziehen.

Wir beginnen, in den NFTs einen praktischen Nutzen zu sehen, der über den Hype um teure Bilder hinausgeht, wie beispielsweise Kundentreue und -bindung. Es könnte sein, dass sich neue nicht fungible Trends durch die aktuellen Marktbedingungen verbreiten, wie zum Beispiel die von Arken Finance initiierten Non Fungible Airdrops (NFA, nicht fungible, kostenlose Token). Ähnlich wie Futures-Kontrakte würden NFAs den wahren Wert einer Belohnung mit Airdrops darstellen, wenn ein erstes Angebot auf einer dezentralen Börse (DEX) stattfindet, wobei der Projekteigentümer jedoch die Lieferung des Tokens oder anderer digitaler Vermögenswerte zu einem zukünftigen Starttermin verspricht.

Trotz der sich bei Krypto-Kreditgebern aufbauenden Liquiditätskrise, die zudem einige Krypto-Infrastrukturebenen erschüttert, haben wir auf breiter Front Fortschritt in Bezug auf entsprechende Vorkehrungen gesehen, was auf ein gesundes Umfeld für Wachstum inmitten von Unsicherheiten hinweist.