Dies ist eine Übersetzung des Newsletters vom 21. Mai 2024.
- „13F-Files“ offenes Bekenntnis der Wallstreet zu Kryptoassets
- Weltgrößtes Wertpapierabwicklungssystem startet Tokenisierungs-Pilotprojekt mit Chainlink
Zaghafte Zeichen einer Entspannung bei der Inflation ließen sowohl Bitcoin als auch Ethereum zuletzt ansteigen. Positive Marktdaten und Prognosen deuten auf mögliche Zinssenkungen hin, obwohl zumindest dem Anschein nach die Repräsentanten der US-Notenbank keinen allzu großen Optimismus für eine solche Entscheidung an den Tag legen. Wir werden die widersprüchlichen Signale genauer unter die Lupe nehmen und darlegen, welche Schritte die Fed demnächst unternehmen könnte. Darüber hinaus gehen wir auf weitere und wichtige Ereignisse ein, die den Kryptomarkt diese Woche beeinflussen könnten.Der Verbraucherpreisindex (CPI) in den USA sank im April auf 3,4 Prozent, noch im März lag er bei etwas höheren 3,5 Prozent. Auch der Kern-Verbraucherpreisindex, der die Preise für Lebensmittel und Energie nicht berücksichtigt, ging leicht auf 3,6 Prozent zurück. Dieser Rückgang in Verbindung mit den schwächer als erwartet ausgefallenen Daten zu den Einzelhandelsumsätzen deutet darauf hin, dass die Verbraucherausgaben nachlassen und demzufolge der Inflationsdruck weiter nachgeben könnte. Der Erzeugerpreisindex (PPI), der die Großhandelskosten widerspiegelt, übertraf jedoch im April die Erwartungen, was darauf hindeutet, dass der Preisdruck anhält und am Ende auch die Endverbraucher erreichen könnte. Nichtsdestotrotz folgte auf die Bekanntgabe des CPI am 15. Mai ein Tagesanstieg des Bitcoin-Kurses um 7,5 Prozent auf rund 66.000 US-Dollar. Darüber hinaus sorgten am 20. Mai Spekulationen über einen potentiellen börsengehandelten Ethereum-Spotfonds (ETF) in den USA für einen noch stärkeren Anstieg des Marktes, wobei Bitcoin und Ethereum bereits in der vergangenen Woche – vor dem Aufflammen der Spekulationen –um 13,6 bzw. 24 Prozent zulegten.
Abbildung 1 – Bitcoin-Kurs in US-Dollar mit den wichtigsten Ereignissen markiert
Quelle: TradingView
Trotz dieser Signale scheint die Einschätzung, dass die hohe Inflation noch lange anhalten wird, bei der Fed vorzuherrschen. So bekräftigten in der vergangenen Woche einige ihrer hochrangigen Vertreter wie der Vorsitzende der Aufsichtsbehörde Michael Barr oder der stellvertretende Vorsitzende Philip Jefferson, dass die April-Werte zwar ermutigend sind, aber noch nicht ausreichen, um die Haltung der Fed in Bezug auf eine Zinssenkung zu ändern. Am 21. Mai trafen die Mitglieder des Offenmarktausschusses der US-Notenbank (Federal Open Market Committee, FOMC) zusammen, um sich über Wirtschaftsaussichten und Geldpolitik zu beraten, was aufgrund der Auswirkungen auf die allgemeine Marktstimmung immer ein viel beachtetes Ereignis darstellt. Am 22. Mai erschien das Protokoll der FOMC-Sitzung von Anfang Mai. Es legt dar, dass die Mitglieder des Ausschusses beschlossen, das Zielband für die Federal Funds Rate (den Leitzins für Tagesgeld) bei 5,25 bis 5,5 Prozent zu belassen und künftige Zinsanpassungen von der Datenlage abhängig machen wollen, wie sie betonten. Die Mitglieder erklärten sich bereit, die Zinssätze zu erhöhen, falls dies aufgrund des Inflationsumfelds erforderlich sein sollte, räumten aber auch ein, dass angesichts der sich verändernden wirtschaftlichen Bedingungen Unsicherheit über die Restriktivität und Wirksamkeit der derzeitigen Geldpolitik bestehe.Laut aktuellen Daten des CME FedWatch-Tools bewerten die Marktteilnehmer derzeit die Chance einer Zinssenkung im September mit 60 Prozent, im Dezember hingegen schon mit 88,5 Prozent. Bitcoin-Bestände der Wallstreet-Größen steigenAbgesehen von den makroökonomischen Nachrichten endete am Mittwoch die Frist für die „13F-Einreichungen“ – jene Berichte, die institutionelle Investmentmanager in den Vereinigten Staaten bei der Securities and Exchange Commission (SEC) einreichen müssen, wenn sie Vermögenswerte von mehr als 100 Millionen US-Dollar verwalten. Die aktuellen Berichte legen nun bedeutende Bitcoin-Bestände unter Investmentmanagern offen. So gibt es den Unterlagen zufolge 937 professionelle Investoren, die 11 Milliarden Dollar in den US Bitcoin Spot-ETFs halten – 18,7 Prozent des gesamten, in ETFs verwalteten Vermögens. In Gold-ETFs waren hingegen im ersten Quartal nach der Auflegung nur 95 professionelle Unternehmen investiert. Der Hedgefonds Millennium Management ist mit rund zwei Milliarden US-Dollar der größte institutionelle Inhaber der neuen Fonds, doch die Verbreitung geht über die traditionellen Wertpapierfirmen hinaus.So wurde bekannt, dass das State of Wisconsin Investment Board, die 1951 gegründete Investitionsbehörde des US-Bundesstaats Wisconsin, im ersten Quartal dieses Jahres Bitcoin-ETFs im Wert von mehr als 160 Millionen Dollar gekauft hat, wobei der Großteil davon auf das Vermögen des Wisconsin Retirement System (Pensionsrücklagen der Mitarbeiter) entfällt. Dies ist ein wachsender Trend, der die Nachfrage nach Bitcoin als Wertaufbewahrungsmittel verdeutlicht. Darüber hinaus haben einige der größten amerikanischen Banken offensichtlich ihre zuvor ablehnende Haltung gegenüber Kryptowährungen aufgegeben und ebenfalls Bitcoin-ETF-Bestände gemeldet. Morgan Stanley hat kürzlich bekannt gegeben, dass es Anteile im Wert von 270 Millionen Dollar besitzt, JP Morgan investierte 1,2 Millionen Dollar.Diese Veröffentlichungen kommen ausgerechnet von jenen Wall-Street-Giganten, die noch vor nicht allzu langer Zeit behaupteten, Bitcoin sei eine reine Investitionsblase. Der Grad der Akzeptanz zeigt, dass die Fundamentaldaten von Bitcoin die größten Akteure der Welt dazu gebracht haben, ihre Haltung zu überdenken. Die Institutionen mindern nun ihr Reputationsrisiko, indem sie die Einführung von Bitcoin nicht weiter hinauszögern, was ansonsten aus Investitionssicht als unsolide angesehen werden könnte. In diesem Zusammenhang haben Bitcoin-ETFs letzte Woche die Marke von einer Milliarde US-Dollar an Zuflüssen überschritten, was die beste wöchentliche Performance seit März darstellt und zeigt, dass die Bitcoin-Akzeptanz seit den 13F-Einreichungen nicht nachlässt. So haben die börsengehandelten Fonds auf Monatsbasis mehr als 21.700 BTC gekauft, was fast das Dreifache der durch Miner neu emittierten Bitcoin („Block-Rewards“) im gleichen Zeitraum darstellt. (siehe Abbildung 2)
Abbildung 2 – Kapitalzuflüsse von US Bitcoin Spot-ETFs im Vergleich zu Bitcoin Block-Rewards
Quelle: 21Shares, Glassnode
Chainlink-Projekt treibt Tokenisierung von Kapitalanlagen voran Chainlink ist das führende dezentrale Oracle-Netzwerk und soll die Lücke zwischen Blockchains und der „Außenwelt“ überwinden. Blockchains sind zwar leistungsstark, agieren aber in isolierten Umgebungen. Dies bedeutet, dass sie keinen Zugriff auf Informationen oder Daten haben, die außerhalb der Chain existieren. Chainlink ändert dies mittels einer umfassenden Reihe von Diensten, darunter dem Cross-Chain Interoperability Protocol (CCIP), um Daten aus bestehenden externen Systemen sicher auf jedwede Blockchain zu integrieren. So können beispielsweise Proof-of-Reserves (Prüfungsverfahren zur Beurteilung der Legitimität von Kryptoprojekten) für traditionelle Vermögenswerte oder verifizierbare Zufallsfunktionen für die faire Prägung von NFTs bereitgestellt werden. Die innovative Lösung von Chainlink hat Transaktionen im Wert von über 10 Billionen Dollar in mehr als 2000 Projekten in 22 separaten Netzwerken ermöglicht, was die Reichweite dieses innovativen Protokolls für die gesamte Branche verdeutlicht. Vergangenen Donnerstag gab die Depository Trust and Clearing Corporation (DTCC), das weltgrößte Wertpapierabwicklungssystem mit Sitz in den USA, dass 2023 Wertpapiere im Wert von drei Billionen Dollar abwickelte, den erfolgreichen Abschluss eines Pilotprojekts in Zusammenarbeit mit Chainlink und großen Finanzinstituten wie BNY Mellon und JP Morgan bekannt. Das Projekt baut auf dem bestehenden DTCC Mutual Funds Profile Service I (MFPS I) auf, der als Branchenstandard für die Übermittlung von NAV (Net Asset Value)-Daten wie Fondspreis und -kurs dient. Das Pilotprojekt wirkt sich nicht auf anfängliche Teile des Arbeitsablaufs aus, wie die Berechnung von Fondsdaten, da der Schwerpunkt auf der Schaffung einer standardisierten Methode zur Verbreitung von Fondsinformationen über verschiedene Blockchains liegt. Das Projekt wird wahrscheinlich die Tokenisierung von Vermögenswerten in der realen Welt vorantreiben, die sich zu einem immer wichtigeren Branchensegment entwickelt hat, wie das 10-fache Wachstum des verwalteten Vermögens von tokenisierten Staatspapieren seit Anfang 2023 zeigt, von aktuell knapp unter 100 Millionen auf fast 1,4 Milliarden US-Dollar.Abbildung 3 – Marktstruktur von tokenisierten Staatsanleihen nach Produkt
Quelle: 21co auf Dune Analytics
Die DTCC überwacht täglich die Übermittlung von Preis- und Kursdaten für Zehntausende von Wertpapieren von Investmentfonds. In der derzeitigen Architektur verbindet die DTCC-Fonds und Dienstleister mit den Vertriebsstellen, sammelt relevante Fondsdaten über eine Nachrichtenwarteschlange und dateibasierte Methoden und gibt sie schließlich in regelmäßigen Abständen weiter, wie unten dargestellt.
Das sogenannte Smart NAV-Pilotprogramm erweitert die Verbreitungsmöglichkeiten von MPFS I, einer standardisierten Lösung für die Übermittlung von Preis- und Kursdaten an Intermediäre. Mittels Smart NAV werden die Daten nicht nur über bestehende Kanäle gesendet, sondern auch in eine moderne JSON (Java Script Object Notation)-basierte Datenstruktur umgewandelt. Die neu formatierten Daten werden in eine Blockchain-Transaktion verpackt, mit den privaten Schlüsseln der DTCC signiert und schließlich an die CCIP von Chainlink weitergeleitet, so dass relevante Fondsdaten über nahezu jede Blockchain, ob privat oder öffentlich, gesendet werden können. Sobald die Fondsdaten an diese Netzwerke übertragen wurden, leitet ein CCIP-basierter Smart Contract die Daten an die Smart-NAV-spezifischen Smart Contracts weiter, die für die Validierung der Berechtigungen und die Speicherung der Daten für die interessierten Parteien zuständig sind.
Der oben beschriebene Verbreitungsprozess wirkt sich sowohl auf die traditionellen als auch auf die On-Chain-Fonds aus. So ist die Echtzeit-API (Software-Schnittstelle) außerhalb der Kette angesiedelt und sendet Fondsdaten an alle, die in den Dienst integriert sind. Sobald die entsprechenden Daten verfügbar sind, kann die API sowohl für Echtzeit- als auch für vergangene Informationen abgefragt werden, was mit dem aktuellen MPFS I-Dienst nicht möglich ist. Diese Unterscheidung ist von entscheidender Bedeutung, denn obwohl die Lösung von Natur aus blockchainbasiert ist, kann sie auch solchen Teilnehmern, die noch nicht mit der Tokenisierung ihrer Fonds liebäugeln, eindeutig zugutekommen, da sie eine schnellere und auch vergangenheitsbezogene Datenverbreitung ermöglicht. Darüber hinaus können die Teilnehmer mit den beiden Features „Single Fund Consumer Smart Contracts“ und „Bulk Consumer Smart Contracts“ tokenisierte Fonds oder eine Gruppierung von Fonds simulieren, die sofort mit den entsprechenden Daten angereichert werden, sobald diese für die Off-Chain-Gegenpartei verfügbar sind. Dies verhindert, dass die Nutzer die NAV-Daten in einer separaten Datenbank speichern müssen, die auf den Fonds selbst verweist, und ermöglicht so einen schlankeren Tokenisierungsprozess. Die Zusammenarbeit zwischen der DTCC und Chainlink stellt im Bereich der Tokenisierung einen bedeutenden Sprung nach vorn dar. Die CCIP von Chainlink abstrahiert die Notwendigkeit für die DTCC, sich direkt mit jedem Blockchain-Netzwerk zu verbinden, in dem tokenisierte Fonds vorhanden sind. Dies wäre für die DTCC angesichts der potenziellen Kosten und technischen Nuancen, die zwischen den einzelnen Ketten bestehen, nur schwer allein zu bewerkstelligen. Daher ist der Einsatz von Chainlink in einer kettenübergreifenden tokenisierten Umgebung von entscheidender Bedeutung. Das Projekt weist in eine Zukunft, in der der Prozess der Datenverteilung auf der Kette gehostet wird und damit eine schnellere, dynamische und historische Verteilung ermöglicht und die Anleger in die Lage versetzt, ihre Investitionen auf einer besseren Informationsbasis zu tätigen. Das Projekt könnte künftig noch weiter ausgebaut werden, um Arbeitsabläufe zu automatisieren. Dabei ist denkbar, einen Massenverbraucher-Smart-Contract als Modellportfolio darzustellen, das der entsprechende Smart-Contract automatisch neu zusammenstellen kann. Es lohnt sich, dieses noch junge Projekt aufgrund seiner Auswirkungen auf das Segment der Tokensierung genau zu beobachten.